Wie komme ich in Österreich zu einer Psychotherapie?
Wie kommt man in Österreich zu einer Therapie bzw. einem Therapieplatz? Für welche Therapien ist zuerst eine Bewilligung der Krankenkasse notwendig und in welchem Fall übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Therapie vollständig oder zumindest teilweise? Diesen Fragen widmen wir uns in einer Reihe von Blogbeiträgen zu verschiedenen Therapiegebieten. In diesem Artikel geht es um die Psychotherapie.
Was bedeutet Psychotherapie?
Die Psychotherapie ist, wie der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie selbst beschreibt, ein wissenschaftlich fundiertes Heilverfahren. Dabei wird davon ausgegangen, dass Körper und Seele eine Einheit sind. In Österreich gibt es mehrere anerkannte psychotherapeutische Methoden.
Diese 23 Methoden lassen sich grob vier Übergruppen zuordnen:
- Verhaltenstherapeutische Orientierung
- Systemische Orientierung
- Humanistisch-existenzielle Orientierung
- Tiefenpsychologisch-psychodynamische Orientierung
Egal, welche psychotherapeutische Grundrichtung Ihr:e Therapeut:in verfolgt, die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) etwa hat in den vergangenen Jahren das Angebot für kostenlose Psychotherapie laufend erweitert. Nach eigenen Angaben bietet sie nunmehr eine flächendeckende Versorgung der Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen an.
Interessant ist jedoch die Konstellation der Kostenübernahme. Es gibt nämlich aktuell keine Einzelverträge der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Dafür wurden Verträge mit Vereinen abgeschlossen, um eine psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen. Mehr dazu weiter unten.
4 Schritte zur erfolgreichen Psychotherapie
in Österreich
- Die psychische Störung ist als Krankheit anzusehen (laut ICD-10). Keine Kosten übernehmen die Sozialversicherungen bei Beratungen bei Schul-, Familien- und Berufsproblemen.
- Vor der zweiten psychotherapeutischen Behandlung (Sitzung) ist eine ärztliche Untersuchung notwendig. Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt bestätigt diese auf dem bei ihr oder ihm aufliegenden Formular. Bringen Sie diese Bestätigung Ihrer Therapeutin bzw. Ihrem Therapeuten. Ab der 11. Sitzung ist eine Bewilligung notwendig – sowohl bei ÖGK und BVAEB als auch bei der SVS.
- Behandlung bei Vertragspsychotherapeut:in oder durch freiberufliche:n Psychotherapeut:in (ist diese Person in der Psychotherapeutenliste des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz eingetragen, leistet die ÖGK einen Kostenzuschuss).
- Rückerstattung des Kassentarifs bei Vertragspartner:innen nach Bezahlung der Rechnung. Handelt sich um eine:n freiberufliche:n Psychotherapeut:in, müssen Sie die Rechnung (zuerst) selbst bezahlen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, erhalten Sie einen Kostenzuschuss von der Krankenkasse.
Kostenübernahme
Wie bereits erwähnt, ist die Übernahme der Kosten für eine Psychotherapie anders geregelt als etwa bei der Physiotherapie. Wenn die Psychotherapie bei Vertragspartner*innen der ÖGK, SVS oder BVAEB erfolgt und alle Voraussetzungen vorliegen, übernimmt die jeweilige Sozialversicherung die Kosten.
In ganz Österreich gibt es Vereine, die etwa durch einen Vertrag mit der ÖGK Psychotherapie als Sachleistung anbieten können, das heißt: die Klient*innen müssen nichts bezahlen. Der Verein rechnet direkt mit der ÖGK ab. Ähnlich sieht es bei Vertragspartner*innen der SVS und der BVAEB aus.
Zusätzlich zu den regionalen Vereinslösungen sind auch in einigen Einrichtungen der ÖGK selbst Psychotherapeut*innen tätig.
Voraussetzungen für den Kostenzuschuss zur Psychotherapie in Österreich
- Die Psychotherapeutin bzw. der Psychotherapeut ist in die Psychotherapeutenliste des Gesundheitsministeriums (BMASGPK) eingetragen.
- Es besteht eine psychische Störung, die als Krankheit zu werten ist (laut ICD 10).
- Es liegt die Bestätigung einer ärztlichen Untersuchung vor, wonach es keine organischen Ursachen für die Beschwerden gibt. Die Untersuchung muss spätestens vor der zweiten Psychotherapie-Sitzung erfolgen.
- Werden mehr als 10 Therapiesitzungen benötigt, ist rechtzeitig vor der 11. Therapiesitzung eine Bewilligung durch den Medizinischen Dienst der ÖGK einzuholen.
Höhe des Kostenzuschusses zur Psychotherapie
ÖGK
Wenn Sie bei der ÖGK versichert sind, müssen Sie den Kostenzuschuss selbst beantragen. Sie können sich anstatt sich für einen Verein zu entscheiden oder direkt in den Einrichtungen der ÖGK eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen, für eine freiberufliche Psychotherapeutin oder einen freiberuflichen Psychotherapeuten entscheiden. Wie bereits erwähnt, gilt: Ist diese Person in der Psychotherapeutenliste des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz eingetragen, leistet die ÖGK unter bestimmten Voraussetzungen einen Kostenzuschuss.
Psychotherapeut*innen, deren Therapieeinheiten nicht direkt mit der ÖGK verrechnet werden, können ihr Honorar frei festsetzen. ÖGK-Versicherte erhalten dafür auf Antrag einen Kostenzuschuss der ÖGK von derzeit 28,93 Euro pro Einzelsitzung (à 60 Minuten).
BVAEB
Die BVAEB etwa leistet einen Kostenzuschuss von 24,70 Euro pro Einzelsitzung ab 25 Minuten und 42,40 Euro pro Einzelsitzung ab 50 Minuten. Wird die psychotherapeutische Behandlung bei einem Vertragspartner/einer Vertragspartnerin der BVAEB in Anspruch genommen, so ist ein Behandlungsbeitrag analog jenem der ärztlichen Hilfe zu leisten. Der Behandlungsbeitrag beträgt 10% des Behandlungshonorars und wird im Nachhinein eingehoben.
SVS
Die SVS übernimmt bei Vertragstherapeut*innen den Großteil der Kosten für die Sitzung, die Patient*innen bezahlen lediglich 20 % Selbstbehalt. 2023 wurde von der SVS der Kostenzuschuss für Einzel-Psychotherapie für Therapiesitzungen à 50 Minuten von 40 Euro auf 45 Euro erhöht.
Psychotherapie-Kostenzuschuss beantragen
Für die Beantragung des Kostenzuschusses für Psychotherapie in Österreich benötigen Sie:
- das Formular „Kostenzuschuss beantragen“ der ÖGK bzw. der BVAEB oder der SVS (diese finden Sie auch auf den Websites der jeweiligen Sozialversicherungen)
- die bezahlte Honorarnote (Original oder Duplikat) mit
- detaillierten Angaben zu den erbrachten Leistungen (Behandlungsdaten, Behandlungsdauer, Diagnose)
- den persönlichen Daten der Patientin bzw. des Patienten (Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer)
- Stempel der Leistungserbringerin bzw. des Leistungserbringers
- den Zahlungsnachweis
- bei Barzahlung: Zahlungsvermerk auf der Honorarnote
- bei Zahlung mit Erlagschein: Einzahlungsabschnitt (Original oder Kopie)
- bei elektronischer Bezahlung: Nachweis der Abbuchung (z.B. Protokollauszug, Bankauszug)
Fazit
Die Abrechnung der Psychotherapie mit den österreichischen Krankenkassen läuft etwas anders als bei anderen Therapien. Hier gibt es keine Einzelpersonen, die einen Vertrag mit der Krankenkasse haben, sondern Vereine bieten Psychotherapie als Sachleistung an und die Krankenkasse übernimmt die Kosten dafür gänzlich.
Gibt es jedoch den Wunsch, einen bestimmten Psychotherapeuten oder eine bestimmte Psychotherapeutin zu besuchen, die keinen Vertrag mit den Krankenkassen haben, gibt es einen fixen Kostenzuschuss pro Einheit sowohl bei der ÖGK als auch bei der BVAEB und der SVS.
Für eine Psychotherapie müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. So ist etwa eine ärztliche Bestätigung darüber notwendig, dass es keine organischen Ursachen für die Beschwerden gibt und vor der 11. Therapiesitzung ist eine Bewilligung einzuholen.
Der Kostenzuschuss zur Psychotherapie in Österreich muss mit dem entsprechenden Formular selbst beantragt werden.
Hinweise
Lange Wartezeit: Leider ist es nach wie vor so, dass die Wartezeiten für einen Psychotherapie-Termin teilweise sehr lange sind bzw. nicht genügend Kassen-Psychotherapie-Plätze existieren, um den enormen Bedarf an kostenloser, psychotherapeutischer Behandlung zu decken.
Rechtzeitig um Hilfe bitten: Da mentale und psychische Probleme nach wie vor stigmatisiert werden, bedarf es viel Überwindung und Mut, sich einzugestehen, dass man Hilfe benötigt. Noch schwieriger ist oft der Schritt, dies auch vor einem Arzt/einer Ärztin zu äußern, um eine Zuweisung zur Psychotherapie zu erhalten. Selbst mit einer hausärztlichen Überweisung kann es anschließend dauern, einen freien Termin bei einem Psychotherapeuten/einer Psychotherapeutin zu bekommen. Je früher es also möglich ist, um Hilfe zu bitten, desto besser.
Wichtige Anlaufstellen: Wenn dringend Hilfe benötigt wird, dann sollten Sie sich nicht davor scheuen, eine der folgenden Anlaufstellen zu kontaktieren, die Ihnen helfen können, mit einer schwierigen Lebenssituation umzugehen:
- Telefonseelsorge Österreich: https://www.telefonseelsorge.at/home
- Ö3-Kummernummer: https://www.roteskreuz.at/wien/ich-brauche-hilfe/telefonische-beratung
- Rat auf Draht (für Kinder und Jugendliche): https://www.rataufdraht.at/
- Krisentelefone & Notrufnummer: https://www.gesundheit.gv.at/leben/